Vielen unserer sicherheitsbewussten Lesern mag es bereits aufgefallen sein – Deutschlands meistbesuchtes Internetportal, bild.de, sperrt seit heute Besuchern mit eingeschaltetem Adblocker (Werbefilter) den Zugriff auf die Inhalte der Webseite.
Begründet wird dies mit dem Argument, dass man ohne die Werbeerlöse die Arbeit der Journalisten nicht finanzieren kann. Selbstverständlich ist dies ein legitimer Standpunkt, denn die meisten Online-Magazine finanzieren ihr kostenloses Nachrichten-Angebot durch das Schalten von Werbung, so wie auch große Konzerne wie Facebook oder Google den Großteil ihrer Umsätze mit Werbung erzielen. Online-Werbung ist ein tragender Faktor in der Internet-Industrie, vor allem in den Online-Medien, und jeder Besucher mit Werbeblocker mindert so deren Umsätze, die häufig dann zu lasten der journalistischen Qualität und des Online-Angebots gehen.
Was hier jedoch übersehen wird ist das Risiko für den Besucher einer Webseite. Online-Werbung wird nämlich in den meisten Fällen durch Drittanbieter auf einer Webseite platziert und liegt zudem vorwiegend auf externen Servern. Die Herausgeber haben in den häufigsten Fällen auch keinen Einfluss darauf, welche Werbung dargestellt wird, denn die angezeigte Werbung wird anhand eines Algorithmus ermittelt, welcher Information aus den hinterlegten Cookies und Metadaten des Besuchers verarbeitet. So kam es zum Beispiel vor, dass Microsoft-Werbung auf einem Portal erschien, welches für illegales Streaming von Filmen bekannt ist, auch fanden sich schon Werbeanzeigen von seriösen Unternehmen auf Erotik-Seiten eingeblendet. Ein gutes Beispiel für unpassende Werbung ist der folgende Fall einer Werbeinblendungen bei Spiegel Online im Zusammenhang mit dem Absturz der MH17 im vergangenen Jahr:
Ups, da ist wohl jemand nicht ganz frisch im Kopf! #failed#mh17@SEAT_News@SPIEGELONLINEpic.twitter.com/Qnz1nN9j9P
— Micha (@aboutfritz) 18. Juli 2014
Erstaunlich ist jedoch auch die Aussage der SPIEGEL ONLINE Redaktion zu dem Vorfall:
@michaelfritz Es tut uns Leid, dass die Werbung unpassend ist. Sie wird von Adservern angeliefert, worauf wir leider keinen Einfluss haben.
— SPIEGEL ONLINE (@SPIEGELONLINE) 18. Juli 2014
Mit der Aussage liefert die Redaktion auch den entscheidenden Grund dafür, Werbeblocker zu verwenden, denn erst in der vergangenen Woche berichtete das Security-Unternehmen Cyphort davon, dass Malvertising (“Malicious Advertising”) in den vergangenen 12 Monaten um 325% zugenommen hat. Selbstverständlich könnte man erst einmal davon ausgehen, dass große Portal-Seiten wie Bild.de ausreichend Sicherheitsmittel einsetzen um, Malvertising auf ihren Online-Angeboten zu verhindern, dennoch zeigen etliche Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, dass selbst große Online-Dienste wie Yahoo, PC-Welt oder die New York Times vor solchen Komprimittierungen nicht geschützt sind. Natürlich sind Adblocker nicht das Allheilmittel gegen Malvertising und Viren/Trojaner-Befall, aber sie sind eines der vielen Puzzle-Stücke, die die Sicherheit eines Nutzers maßgeblich erweitern. Ihre Sicherheit im Internet sollte stets an erster Stelle stehen, auch wenn man ihnen gerne suggeriert, dass sie ein schlechtes Gewissen beim Einsatz vor Werbeblockern haben sollten. Letztendlich muss aber jeder Nutzer selbst für sich entscheiden, ob er einen Werbefilter einsetzt und so das redaktionell-journalistische Angebot eines Nachrichtenportals schmälert, oder seine eigene IT-Sicherheit in der Vordergrund stellt. Die Diskussion Pro oder Contra Werbefilter gibt es bereits seit dem Erscheinen des ersten Internet-Werbefilters WebWasher im Jahr 1999 und auch wir von Botfrei beschäftigen uns seit vielen Jahren damit, die richtige Balance zwischen dem Sicherheitsaspekten und den durch Werbemittel finanzierten Online-Medien zu treffen. In diesem Kontext möchten wir hier gerne auch auf unseren offenen Brief an die Online-Medien vor zwei Jahren verweisen, und daran erinnern, dass sich im Bereich Sicherheit von Werbebanner seitdem nicht viel verändert hat.